Einsatz des eigenen Vermögens für Lebensbedarf durch volljähriges Kind

Ein volljähriges, studierendes Kind, hat sein Vermögen sukzessive zur Deckung seines Lebensbedarfs einzusetzen und darf das Vermögen nicht anderweit verbrauchen. Bei einem Verstoß gegen diese Obliegenheit muss es sich so behandeln lassen, als ob noch Vermögen vorhanden wäre und bedarfsdeckend eingesetzt werden könnte.

Eltern sind im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit (§ 1603 Absatz 1 BGB) und anteilig entsprechend ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (§  1606 Absatz 3 Satz 1 BGB) zur Deckung des Lebensbedarfs ihrer volljährigen Kinder verpflichtet, zu dem auch die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf zählen (§ 1610 Absatz 2 BGB), soweit die Kinder außerstande sind, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Absatz 1 BGB).

Volljährige Kinder, die sich in Ausbildung befinden und ihren Lebensbedarf nicht durch eigenes Erwerbseinkommen decken können, haben hierzu auch den Stamm ihres Vermögens einzusetzen, bevor sie einen (oder beide) Elternteile auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch nehmen können; ihnen ist lediglich ein so genannter Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-) Bedarfs zu belassen. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 1602 Absatz 2 BGB, wonach minderjährige unverheiratete Kinder lediglich die Einkünfte aus ihrem Vermögen, nicht jedoch das Vermögen selbst, bedarfsdeckend zu verwenden haben. Einzusetzen ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht lediglich zweckgebunden zur Finanzierung der Ausbildung zugewandtes Vermögen, sondern jegliches zur freien Verfügung des volljährigen Kindes stehende Vermögen ungeachtet seiner Herkunft und etwaiger mit der Zuwendung verbundener Vorstellungen des Zuwendenden oder des Kindes.

Ein Kind, das mit Eintritt seiner Volljährigkeit über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, hat deshalb vorhandenes Vermögen sukzessive zur Deckung seines Lebensbedarfs während der Ausbildung einzusetzen; ihm kann unterhaltsrechtlich nicht gestattet werden, sein Vermögen anderweit zu verbrauchen. Bei Verstoß gegen diese Obliegenheit muss es sich so behandeln lassen, als ob noch Vermögen vorhanden und bedarfsdeckend eingesetzt werden könnte.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.10.2015Aktenzeichen 2 UF 107/15