Kein reduzierter Kindesunterhalt bei ausgedehntem Umgangsrecht

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Ein gegenüber einem minderjährigen, unverheirateten Kind zum Barunterhalt verpflichteter Unterhaltsschuldner, der einen über das „übliche” Maß hinausgehenden, erweiterten Umgang mit dem Kind wahrnimmt, ist unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, aus diesem Grund seine Erwerbstätigkeit zu reduzieren und nur noch einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, wenn dies dazu führt, dass er weniger als 100% des Mindestunterhalts leisten kann.

Der Antragsgegner unterliegt bereits einem grundsätzlichen Irrtum: Er scheint davon auszugehen, dass er, weil er mit den beiden Kindern einen über das „übliche” Maß hinausgehenden Umgang pflegt, seine Arbeitszeit in mehr oder weniger beliebigem Ausmaß kürzen könnte. Das ist nicht der Fall. Bereits das Familiengericht hat ihn in der angegriffenen Entscheidung sehr deutlich, unter Anführung der aktuellen, höchstrichterlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass auch ein barunterhaltspflichtiger Elternteil, der den Umgang mit dem Kind in einem gesteigerten Maße wahrnimmt und für dieses in erhöhtem Umfang Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, gleichwohl uneingeschränkt barunterhaltspflichtig ist (bzw. bleibt). Der Antragsgegner ist daran zu erinnern, dass der Bundesgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen hat, dass bei einem erweiterten Umgang lediglich eine Herabstufung in der „Düsseldorfer Tabelle” bis hinunter zum Mindestunterhalt vorgenommen werden kann.

Eine weitergehende Herabstufung auf Unterhaltsbeträge unterhalb des Mindestunterhalts kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht; das gilt insbesondere auch dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil einen erweiterten Umgang wahrnimmt. Soweit der barunterhaltspflichtige Elternteil über eine ausreichende Leistungsfähigkeit verfügt – die ggf., den allgemeinen Regeln entsprechend, auch fiktiv zugerechnet werden kann – ist eine weitere Reduzierung des Kindesunterhalts ausgeschlossen. Das ergibt sich zwingend aus dem Zusammenspiel der §§  1606 Abs. 3 Satz 2 BGB und  § 1612a Absatz 1 BGB: Danach kann das minderjährige Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt – das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder steht der Mutter alleine zu -, stets den Mindestunterhalt verlangen. Der Mindestunterhalt orientiert sich an dem nach statistischen Methoden in regelmäßigen Abständen ermittelten Existenzminimum, also demjenigen Betrag, den das Kind mindestens benötigt, um die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Existenz zu gewährleisten. Der andere, betreuende Elternteil muss zum Barunterhalt des Kindes dagegen grundsätzlich nichts beitragen, weil er der ihm obliegenden Unterhaltspflicht bereits durch die Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt. Anderes gilt – von hier nicht relevanten Sonderfällen abgesehen – nur dann, soweit das Kind im Wechselmodell betreut wird.

KG Berlin, Beschluss v. 11.12.2105, 13 UF 164/15